Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus zeigen wir in diesem Jahr Filme, die uns die Epoche des Nationalsozialismus aus der Perspektive der DDR näher bringen sollen. Wir wollen zeitgenössische Filme aus den sozialistischen Staaten sprechen lassen und kritisch die Selbstbeschreibungen und historischen Deutungen des Faschismus hinterfragen und diskutieren.
Die Film-Abende sind diesmal grob in drei Cluster sortiert: Vorkriegszeit, Kriegszeit, Nachkriegszeit. Jedem Cluster werden vier Abende gewidmet, um verschiedene Filmgenres aus unterschiedlichen Jahrzehnten zu einem Thema sprechen zu lassen. Wir erhoffen uns ein abwechslungsreiches Programm und spannende Diskussionen.
An 12 Terminen, jeweils am vierten Montag im Monat, immer um 19 Uhr, das ganze Jahr 2020 hindurch, im Plattenkosmos auf dem Hinterhof des Hausprojekts Magdalenenstraße 19. Der Raum ist barrierefrei. Die Filme werden - wenn möglich - mit englischem Untertitel gezeigt. Der Eintritt ist frei.
Vorkriegszeit
27.1. Der gewöhnliche Faschismus
Dokumentarfilm, 1965 (Sowjetunion), 123 Minuten
Regie: Michail Iljitsch Romm
1965 auf der Leipziger Dokumentarfilmwoche uraufgeführt, behandelt der Film den Nationalsozialismus als Alltagsphänomen. Viele Bilder werden lakonisch kommentiert und verleihen dem Film stellenweise eine heitere Atmosphäre. Auf solche ironischen Darstellungen folgen oft unvermittelt Szenen großer Grausamkeit.
24.2. Affaire Blum
Spielfilm, 1948 (DEFA), 109 Minuten
Regie: Erich Engel
Der Film greift einen Justizskandal aus den Jahren 1925/26 in Magdeburg auf. Der jüdische Fabrikant Jacob Blum wird aufgrund einer Denunziation wegen Mordes an seinem Buchhalter verhaftet. Für den antisemitischen Untersuchungsrichter ist der Fall klar. Nur ein Jude kann der Täter sein. „Früher DEFA-Film, der die wachsende rassistische Verhetzung vor dem Dritten Reich an einem authentischen Fal beschreibt. Feinfühlig inszeniert und von vorzüglichen Schauspielern getragen.“ Lexikon des internationalen Films
23.3. Die Schauspielerin
Spielfilm, 1988 (DEFA), 87 Minuten
Regie: Siegfried Kühn
1933. Die erfolgreiche Schauspielerin Maria Rheine und der jüdische Schauspieler Mark Löwenthal lieben sich. Nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze widersetzt sich Maria, bricht ihre vielversprechende Karriere ab, um unter dem Namen Manja Löwenthal als Jüdin mit Mark zusammenzubleiben. Beide spielen am Berliner jüdischen Theater, bis sie Opfer einer Intrige werden. Die Berliner Zeitung meinte damals, dass dieser Film für die jungen Leute gemacht wurde, die diese Zeit nicht miterlebt haben, die sich aber anstrengen müssen, sich ihn anzueignen.
27.4. Dein unbekannter Bruder
Spielfilm, 1982 (DEFA), 103 Minuten
Regie: Ulrich Weiß
Hamburg 1935. Der Antifaschist Arnold Clasen kommt aus der KZ-Haft zurück und schließt sich erneut einer Widerstandsgruppe an. Da er überwacht wird, lebt er unauffällig, meidet den Kontakt mit den Genossen. Zu der Gefahr von außen kommt der immer möglich Verrat in den eigenen Reihen. Für das Lexikon des internationalen Films war der Film ein „psychologisches Drama, das großes Stilempfinden und Experimentierfreude verrät und sich auf die Wirkung seiner intensiven, gelegentlich stark überhöhten Bilder verlässt.“
Kriegszeit
25.5. Walter verteidigt Sarajevo
Spielfilm, 1972 (Jugoslawien), 133 Minuten
Regie: Hajrudin Krvavc
Im Zentrum des Partisanenfilms steht ein Mann mit dem Namen Vladimir Peric Valter, ein gefeierter Führer einer illegalen Untergrundorganisation in Sarajevo und einer der besten Spione Jugoslawiens. Als Valter bleibt er für die Nazis immer ein Phantom, für die Bevölkerung jedoch ein rettender und rächender Engel.
22.6. Im Morgengrauen ist es noch still
Spielfilm, 1972 (Sowjetunion)
Regie: Stanislaw Rostozki
Ein sowjetischer Antikriegsfilm in zwei Teilen, der die Rolle der Frau in der Roten Armee fokussiert. Wir zeigen nur einen Teil. Im II. Weltkrieg springen faschistische Fallschirmspringer hinter der russischen Frontlinie ab. Eine kleine Gruppe unerfahrene Soldatinnen soll die Feinde stellen.
27.7. Transport aus dem Paradies
Spielfilm, 1963 (ČSSR), 98 Minuten
Regie: Zbyněk Brynych
SS-General Josef Knecht kommt zu einer Inspektion in das Ghetto Theresienstadt. Die geschminkten Gefangenen rezitieren auswendig gelernte Lobeshymnen auf ihr Leben dort. Alles scheint zu gelingen, bis ein Plakat mit der Aufschrift „Tod dem Faschismus“ auftaucht. „Der Film war eine der ersten Filmarbeiten der 1960er Jahre, die ohne moralische Eindeutigkeit das Zwielicht der Beziehung zwischen Opfer und Täter*innen unter der Willkür absoluter Herrschaft und Vernichtung ausloten. Ein historisches Spielfilmdokument, das eine Wiederentdeckung wert ist.“-Jüdisches Museum Berlin
24.8. Befreiung 4.: Die Schlacht um Berlin
Kriegsfilm, 1971 (UdSSR/DDR/Polen/Italien) 163 Minuten
Regie: Juri Oserow
Befreiung ist ein aus fünf Teilen bestehender Spielfilm über die letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs aus der Sicht der Sowjets, die in den Entscheidungskampf um Berlin einmünden. Schlachtengemälde wechseln mit nachgestellten historischen und privaten Ereignissen. Die Handlung beginnt im Sommer 1943 und endet mit der Einnahme Berlins 1945 durch die Rote Armee. Wir zeigen Teil 4: Die Schlacht um Berlin (Brückenkopf bei Küstrin. Seelower Höhen. Berlin wird eingeschlossen)
Nachkriegszeit
29.9. Das Jahr 1945
Dokumentarfilm, 1985 (DEFA), 90 Minuten
Regie: Karl Gass
Gezeigt werden die Deutschen vor den Trümmern ihrer Häuser, demoralisiert, orientierungslos. Antifaschisten, zurückgekehrt aus der Illegalität, aus dem Exil und aus den Konzentrationslagern beginnen mit dem Aufbau eines neuen Deutschlands. Der Film entstand aus Anlass des 40. Jahrestages der Befreiung vom Hitlerfaschismus. Laut dem Lexikon des internationalen Films ein spannender, klug montierter und um Wahrhaftigkeit bemühter Dokumentarfilm.
26.10. Der Aufenthalt
Spielfilm, 1983 (DEFA), 101 Minuten
Regie: Frank Beyer
Dem Film liegt der Roman „Der Aufenthalt“ von Herrmann Kant zu Grunde, in dem der Schriftsteller seine eigenen Erlebnisse während der polnischen Kriegsgefangenschaft zwischen 1945 und 1949 verarbeitet. „Objektives, modellhaftes Drama über Schuld und Verantwortung unter Kriegsrecht und Gewaltherrschaft, wobei Zeit und Ort auswechselbar erscheinen. Die kammerspielartige Anlage des Films und seine ausgezeichneten Darsteller führen zu erregender Dichte und Stringenz.“– Lexikon des internationalen Films
23.11. Das zweite Gleis
Spielfilm, 1962 (DEFA), 90 Minuten
Regie: Joachim Kunert
Fahrdienstleiter Brock lebt mit einer großen Schuld: Während des Krieges hatte er einen von seiner Frau versteckten Juden an die Gestapo ausgeliefert. Zwanzig Jahre später holt ihn die Vergangenheit ein. "Das zweite Gleis" ist der einzige DEFA-Film, der die ehemaligen Nazis nicht im Westen Deutschlands ausfindig macht, von Kollektivschuld spricht und von den DDR-Bürgern wissen will: Was hast Du vor 1945 getan?
21.12. KurzDokus und Agitationsfilme zu Faschismus und Krieg und Wiederaufbau
Ein Abend mit Beiträgen aus dem „DDR-Magazin“, einer Dokumentarfilmreihe mit unterschiedlichsten Beiträgen und der Kino-Wochenschau „Der Augenzeuge“. Wir zeigen einige ausgewählte Dokumentationen und Agitationsfilme, die Befreiung, Faschismus, Krieg und die Konsequenzen für ein neues Deutschland thematisieren. Es kann heiter werden...